Verkehrspsychologin / Verkehrspsychologe werden – aber wie?

Inhalt:
Für Psychologinnen und Psychologen, die sich im Bereich der Verkehrspsychologie qualifizieren wollen, ist die Orientierung über Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten nicht einfach. Unterschiedliche Tätigkeitsfelder, eine Vielzahl von Anbietern und gesetzlichen Regelungen sowie sehr unterschiedliche Curricula – in Qualität, Dauer und Kosten – machen den Markt unübersichtlich. Im Folgenden soll eine Orientierung gegeben und die besondere Rolle der Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ herausgestellt werden.
Wer sich für eine verkehrspsychologische Ausbildung interessiert, muss zunächst klären, in welchem Bereich der Verkehrspsychologie er tätig werden möchte: in der verkehrspsychologischen Fahreignungsberatung und -förderung, in der verkehrspsychologischen Begutachtung oder in der arbeits- und ingenieurpsychologischen Verkehrspsychologie einschließlich der pädagogischen Verkehrspsychologie.
Ausbildungsziel: Verkehrspsychologische Fahreignungsberatung und -förderung
Im Tätigkeitsfeld „Fahreignungsberatung und -förderung“ müssen sich Interessente entscheiden, für welche verkehrspsychologischen Interventionen sie sich qualifizieren wollen. Alle gesetzlich geregelten verkehrspsychologischen Interventionen sind vom Gesetzgeber festgelegt: Ausbildungsberechtigt sind Universitäten oder gleichgestellte Hochschulen oder die Träger von Kursen zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung (§ 70 Fahrerlaubnisverordnung, FeV).
Für die Ausbildung zur Durchführung der verkehrspsychologischen Beratung wird in § 71 FeV zusätzlich ein „Ausbildungsseminar des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V.“ genannt. Für die Durchführung von Fahreignungsseminaren wird in § 4a StVG eine „fachpsychologische Qualifikation nach dem Stand der Wissenschaft“ gefordert.
An den Universitäten wird derzeit keine interventionsorientierte verkehrspsychologische Ausbildung angeboten. Dies bedeutet, dass für die Durchführung von Kursen zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung und von besonderen Aufbauseminaren eine Ausbildung bei einem Maßnahmenträger erforderlich ist, zumal diese Interventionen nur trägergebunden durchgeführt werden können. Für alle anderen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung kann man sich ebenfalls über diese Ausbildung qualifizieren. Eine Liste der derzeit sechs Träger wird von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlicht.
Für die verkehrspsychologische Beratung und Fahreignungsseminare kann die Qualifikation auch über die Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ erworben werden.
Die Qualifikation zur Durchführung von Fahreignungsfördernden Interventionen (FFI) ist gesetzlich nicht geregelt. In der neuesten Auflage der Begutachtungskriterien werden jedoch Qualitätsanforderungen formuliert, die sich an den Anforderungen der oben beschriebenen gesetzlich geregelten Interventionen orientieren (DGVP & DGVM, 2022).

Rushhour in der Berliner Innenstadt. Komplexe Situationen prägen das Arbeitsfeld der Verkehrspsychologie.
Ausbildungsziel: Verkehrspsychologische Begutachtung
Für das Tätigkeitsfeld „Begutachtung und Diagnostik“ hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Träger der Begutachtungsstellen für Fahreignung (BfF) ausbildungsberechtigt sind (§ 66 FeV). Da auch die Begutachtung der Kraftfahreignung nur trägergebunden durchgeführt werden darf, muss die Ausbildung bei einem der derzeit zwölf Träger erfolgen (die Liste wird von der BASt veröffentlicht).
Ausbildungsziel: Arbeits- und ingenieurpsychologische Verkehrspsychologie
Für das Tätigkeitsfeld der Arbeits- und Ingenieurpsychologie im Verkehrswesen kann eine Qualifikation über die Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ erworben werden.
Darüber hinaus ist eine universitäre Ausbildung möglich. Die Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie (DGVP) gibt auf ihrer Website einen Überblick über die Möglichkeiten: Am Lehrstuhl für Verkehrspsychologie der Technischen Universität Dresden werden im Rahmen des Psychologiestudiums schwerpunktmäßig verkehrspsychologische Themen angeboten. Dies sind vor allem Ergonomische Verkehrspsychologie, Verkehrssicherheit, Mobilitätspsychologie und Lichttechnik. In der „Allgemeinen und Arbeitspsychologie“ der Technischen Universität Chemnitz sind Inhalte aus dem Bereich der ergonomischen Verkehrspsychologie integraler Bestandteil der Ausbildung. Der Lehrstuhl betreibt umfangreiche verkehrspsychologische Forschung in interdisziplinärer Zusammenarbeit (vor allem mit den Ingenieurwissenschaften und der Informatik) und hat eine Arbeitsgruppe „Verkehrs- und Mobilitätspsychologie“ etabliert. An der Technischen Universität Braunschweig ist die Ergonomische Verkehrspsychologie Bestandteil der Ausbildung im Studiengang Ingenieur- und Verkehrspsychologie. An verschiedenen anderen Universitäten werden vereinzelt Lehrveranstaltungen mit verkehrspsychologischen Inhalten angeboten.
Die Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“
Das Alleinstellungsmerkmal der Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ ist die thematisch breite Ausrichtung – im Vergleich zu den Ausbildungen bei Begutachtungsstellen für Fahreignung, bei Trägern von Kursen zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung und an Universitäten. Das Basismodul (120 Unterrichtseinheiten, UE) deckt das gesamte Spektrum der Verkehrspsychologie ab. Es hat folgende Schwerpunkte: Berufsfeld, Allgemeine Verkehrspsychologie, Rechtliche Grundlagen, Arbeits- und ingenieurpsychologisch orientierte Verkehrspsychologie, Verkehrspsychologische Begutachtung und Intervention. Ergänzend ist im Rahmen der Weiterbildung eine Spezialisierung auf einen verkehrspsychologischen Schwerpunkt im Anwendungs- (68 UE) und Praxismodul (44 UE) vorgesehen.
Das aktuelle Curriculum ist das Ergebnis einer Reform aus dem Jahr 2022 mit dem Ziel, die Ausbildungsinhalte zu aktualisieren und eine frühere Spezialisierung im Ausbildungsverlauf zu ermöglichen. Darüber hinaus sollte die Ausbildung in Abstimmung mit anderen verkehrspsychologischen Ausbildungsträgern durch Standardisierung so gestaltet werden, dass eine gegenseitige Anerkennung einzelner Module erleichtert wird. Dies soll dazu beitragen, Interessierten Orientierung zu bieten und eine klare Außenwirkung zu gewährleisten. Nachfragern verkehrspsychologischer Leistungen, Arbeitgebern, Auftraggebern und anderen Berufsgruppen mit Schnittstellen zur Verkehrspsychologie (z. B. Medizin, Recht, Ingenieurwesen) soll das Zertifikat „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ die Möglichkeit geben, eine umfassende und qualifizierte Ausbildung zu erkennen.
Seit dem 1. Januar 2023 wird nach dem reformierten Curriculum ausgebildet. Nach der neuen Zertifizierungsordnung besteht die Möglichkeit, in einem standardisierten Verfahren Äquivalenzen für das Anwendungs- und Praxismodul der Weiterbildung anerkennen zu lassen (z.B. eine verkehrspsychologische Gutachter- oder Kursleiterausbildung inklusive Praxiserfahrung, eine Promotion mit verkehrspsychologischem Thema, ein abgeschlossenes verkehrspsychologisches Masterstudium oder Nachweise über ein bearbeitetes Forschungs- und Entwicklungsthema). Dadurch kann die Ausbildung verkürzt und eine erhebliche Kostenersparnis erreicht werden. Berufserfahrene Verkehrspsychologinnen und Verkehrspsychologen, die bei anderen Ausbildungsträgern ausgebildet wurden, können durch diese Äquivalenzregelung auf vereinfachtem Wege allein durch die Absolvierung des Grundlagenmoduls die Zertifizierung als „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ erlangen. Darüber hinaus können sie ihr Wissens- und Kompetenzspektrum im Rahmen der thematisch breit angelegten Ausbildung des Grundlagenmoduls erweitern.
Angehende Verkehrspsychologinnen und Verkehrspsychologen können nun ihre fachpsychologische Ausbildung mit anderen verkehrspsychologischen Ausbildungen kombinieren und zwei Abschlüsse erwerben.
Durch die Standardisierung einzelner Seminare der Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“ konnte in Absprache mit anderen Ausbildungsträgern erreicht werden, dass einzelne Seminare bereits jetzt einfacher für andere verkehrspsychologische Ausbildungen anerkannt werden.
Informationen zur Weiterbildung „Fachpsychologin/Fachpsychologe für Verkehrspsychologie (BDP)“
Die Zertifizierung „Fachpsychologe/Fachpsychologin für Verkehrspsychologie (BDP)“ bestätigt fundierte und aktuelle Fachkenntnisse, umfangreiche Berufserfahrung sowie besondere Problemlösungskompetenz im verkehrspsychologischen Bereich.