Coaching

Was ist Coaching – und was nicht?

Coaching, Beratung oder Therapie? Was Coaching ausmacht, wo die Grenzen liegen und warum die Unterscheidung so wichtig ist.
Was ist Coaching – und was nicht?

Inhalt:

  1. Was ist Coaching? Definitionen und Grundverständnis
  2. Psychologische Theorien und Modelle im Coaching
  3. Der Coaching-Prozess: Phasen und Methoden
  4. Forschungsansätze und empirische Befunde
  5. Ausblick: Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven
  6. Fazit

Coaching hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem festen Bestandteil der modernen Arbeitswelt und Persönlichkeitsentwicklung entwickelt. In Unternehmen, im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich und zunehmend auch im privaten Kontext wird Coaching als professionelle Begleitung genutzt, um individuelle Potenziale zu entfalten, Ziele zu klären und Herausforderungen konstruktiv zu bewältigen. Insbesondere für PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und Studierende der Psychologie bietet das Thema Coaching vielfältige Anknüpfungspunkte, da es wissenschaftlich fundierte Methoden der Gesprächsführung, Beratung und Intervention mit einem klaren Fokus auf Ressourcenaktivierung und Selbstwirksamkeit verbindet.

Trotz wachsender Popularität besteht sowohl in Fachkreisen als auch in der Öffentlichkeit häufig Unsicherheit über die genaue Abgrenzung zu anderen Beratungsformaten, insbesondere zur Psychotherapie. Während Psychotherapie in Deutschland gesetzlich klar geregelt und auf die Behandlung psychischer Störungen ausgerichtet ist, bewegt sich Coaching im Spannungsfeld zwischen Beratung, Training und individueller Förderung. Ziel dieses Artikels ist es, einen fundierten Überblick über Coaching aus psychologischer Sicht zu geben, zentrale Begriffe zu klären und die wissenschaftlichen Grundlagen sowie die Abgrenzung zur Psychotherapie herauszuarbeiten.

Was ist Coaching? Definitionen und Grundverständnis

Historische Entwicklung und Professionalisierung

Coaching hat sich seit den 1980er Jahren in Deutschland von einem zunächst unscharf definierten Beratungsformat zu einem eigenständigen, wissenschaftlich reflektierten Feld entwickelt. Ursprünglich aus dem angloamerikanischen Raum stammend, wurde Coaching zunächst vor allem im Kontext der Führungskräfteentwicklung und Managementberatung eingesetzt. Heute ist Coaching in vielen Arbeitsfeldern etabliert und wird zunehmend auch für Personalentwicklungsprozesse genutzt.

Die Professionalisierung von Coaching zeigt sich in der Entwicklung von Ausbildungsstandards, der Verbreitung von Qualitätskriterien und der zunehmenden wissenschaftlichen Fundierung. Dennoch bleibt das Feld heterogen: Unterschiedliche Ausbildungswege, theoretische Ansätze und Zertifizierungen prägen das Bild und machen eine präzise Begriffsbestimmung notwendig.

Definitionen und Merkmale

Coaching wird heute überwiegend als ziel- und ressourcenorientierter Begleitprozess verstanden, in dem KlientInnen (Coachees) bei der Entwicklung eigener Lösungen für berufliche oder persönliche Herausforderungen unterstützt werden. Zentrale Merkmale sind:

  • Freiwilligkeit und Eigenverantwortung: KlientInnen nehmen Coaching freiwillig in Anspruch und behalten die Verantwortung für ihre Ziele und Entscheidungen.
  • Ziel- und Lösungsorientierung: Der Coaching-Prozess orientiert sich an individuell definierten Zielen und fördert die Entwicklung von Handlungsoptionen.
  • Ressourcenaktivierung: Der Fokus liegt auf den Stärken, Kompetenzen und Potenzialen der KlientInnen.
  • Vertraulichkeit und partnerschaftliche Beziehung: Die Beziehung zwischen Coach und KlientIn ist geprägt von Wertschätzung, Respekt und Augenhöhe.
  • Berufs- und/oder persönlichkeitsbezogene Themen: Coaching adressiert häufig berufsbezogene Anliegen, kann aber auch persönliche Entwicklungsfragen umfassen.

Abgrenzung zu anderen Beratungsformaten

Coaching grenzt sich von anderen Beratungs- und Unterstützungsformaten durch seinen prozessorientierten Charakter und die Betonung der Eigenverantwortung ab.

  • Beratung: Beratung liefert meist fachliche Informationen oder konkrete Lösungsvorschläge. Im Coaching steht dagegen die Entwicklung eigener Lösungen durch die KlientInnen im Vordergrund.
  • Supervision: Supervision fokussiert stärker auf Team- und Organisationsdynamik, dient der Reflexion beruflicher Rollen und der Qualitätssicherung.
  • Psychotherapie: Psychotherapie behandelt psychische Erkrankungen und ist gesetzlich geregelt. Coaching richtet sich an psychisch gesunde Menschen und behandelt keine Krankheitsbilder.
Auf einer Betonwand sind drei Pfeilsymbole zu sehen. Diese stehen jeweils in einem Kreis und zeigen geradeaus und nach links und rechts.

Viele Wege, viele Möglichkeiten. Coaching eröffnet individuelle Richtungen für die berufliche und persönliche Entwicklung.

Coaching als Förderung von Selbstreflexion und Selbstwirksamkeit

Ein zentrales Ziel von Coaching ist die Förderung von Selbstreflexion und Selbstwirksamkeitserwartung der KlientInnen. Im geschützten Rahmen des Coachings erhalten KlientInnen die Möglichkeit, eigene Motive, Ziele, Werte sowie Herausforderungen und Konflikte offen zu reflektieren. Coaching schafft damit einen Raum, in dem individuelle Denk- und Handlungsmuster bewusst gemacht und neue Perspektiven entwickelt werden können.

Die Selbstreflexion wird im Coaching gezielt angeregt, z.B. durch systematisches Fragen, Feedback, Methodenvielfalt und die gemeinsame Analyse von Erfahrungen. Ziel ist es, dass KlientInnen ihre eigenen Ressourcen und Kompetenzen erkennen, stärken und gezielt zur Bewältigung aktueller Herausforderungen einsetzen. Dieser Prozess fördert die Fähigkeit, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und Veränderungen aktiv zu gestalten.

Ein weiterer Schlüsselbegriff ist die Selbstwirksamkeitserwartung, also die Überzeugung, schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können (Bandura, 1977). Coaching unterstützt KlientInnen dabei, ihre Selbstwirksamkeit zu stärken, indem Erfolge sichtbar gemacht, Kompetenzen herausgearbeitet und individuelle Lösungswege entwickelt werden. Die Stärkung der Selbstwirksamkeit gilt als zentraler Wirkmechanismus für nachhaltige Entwicklungs- und Veränderungsprozesse im Coaching.

Zusammengefasst ist Coaching ein prozessorientiertes Beratungsformat, das durch die gezielte Förderung von Selbstreflexion und Selbstwirksamkeit nachhaltige Entwicklung und eigenverantwortliches Handeln ermöglicht.


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Die Selbstwirksamkeit von Personen hat sich ebenso als ein positiver Einflussfaktor auf den Lernerfolg herausgestellt.
Tannenbaum und Yukl, 1992 in Greif, S., Möller, H., & Scholl, 2018

Qualitätssicherung und Markt

Professionelles Coaching erfordert nicht nur fachliche Kompetenz und Methodenvielfalt, sondern auch eine kontinuierliche Reflexion der eigenen Arbeit und die Einhaltung von Qualitätsstandards. Systematische Diagnostik – also das strukturierte Sammeln und Bewerten relevanter Informationen – ist ein zentrales Element, um Coaching-Prozesse individuell und wirkungsvoll zu gestalten.

Qualitätssicherung umfasst darüber hinaus regelmäßige Fortbildung, Supervision und die Orientierung an ethischen Leitlinien. Gerade in einem heterogenen und unregulierten Markt ist es für Ratsuchende wichtig, auf Qualifikationen, Zertifizierungen und die professionelle Haltung der Coaches zu achten.

Psychologische Theorien und Modelle im Coaching

Coaching ist ein interdisziplinäres Feld, das auf einer Vielzahl psychologischer Theorien und Modelle basiert. Diese prägen sowohl die Grundhaltung von Coaches als auch die Auswahl der Methoden im Coaching-Prozess.

  • Systemische Ansätze gehen davon aus, dass Menschen immer in Wechselwirkung mit ihrem sozialen und organisationalen Umfeld stehen. Im Coaching werden daher nicht nur individuelle Anliegen betrachtet, sondern auch Beziehungen, Kommunikationsmuster und Kontextfaktoren analysiert. Methoden wie systemische Fragen, Perspektivwechsel oder Aufstellungen helfen, neue Sichtweisen zu eröffnen.
  • Psychodynamische und gestaltorientierte Modelle richten den Blick auf unbewusste Prozesse, biografisch geprägte Beziehungsmuster und die Bedeutung von Kontakt und Bewusstheit im Hier und Jetzt. Ziel ist es, verborgene Konflikte und Motive sichtbar zu machen und Entwicklung zu ermöglichen.
  • Kognitiv-behaviorale Ansätze betonen die Rolle von Gedanken, Bewertungen und Einstellungen für das Erleben und Verhalten. Im Coaching werden hinderliche Denkmuster identifiziert und durch hilfreichere Alternativen ersetzt, etwa durch kognitive Umstrukturierung oder Reframing.
  • Humanistische Modelle, insbesondere nach Carl Rogers, legen Wert auf Empathie, Wertschätzung und Authentizität in der Beziehung zwischen Coach und KlientIn. Im Vordergrund stehen persönliches Wachstum und die Förderung von Selbstaktualisierung.
  • Motivations- und Selbstregulationstheorien sowie ressourcenorientierte Ansätze ergänzen das Spektrum: Sie helfen, individuelle Antriebskräfte, Zielbindung und Veränderungsbereitschaft zu verstehen und gezielt zu fördern.

Die Integration dieser unterschiedlichen Perspektiven ist ein zentrales Element modernen Coachings. Diagnostik, Methodenvielfalt und die Fähigkeit, individuelle und organisationale Kontexte zu berücksichtigen, gelten heute als Qualitätsmerkmale professioneller Coaching-Praxis. Abschließend lässt sich festhalten: Ein zeitgemäßes Coaching-Verständnis zeichnet sich dadurch aus, dass es unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze flexibel kombiniert und stets auf die individuellen Bedürfnisse und Ziele der KlientInnen eingeht.

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Der Coaching-Prozess: Phasen und Methoden

Der Coaching-Prozess folgt in der Regel einem strukturierten Ablauf, der jedoch flexibel an die individuellen Bedürfnisse der KlientInnen angepasst wird. Die Prozessgestaltung basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen der Beratungs- und Veränderungsforschung und integriert verschiedene diagnostische und methodische Ansätze.

Typischerweise wird der Coaching-Prozess in mehrere Phasen unterteilt. Ein etabliertes Modell unterscheidet folgende Schritte:

  • Vorbereitung und Auftragsklärung: Im Erstgespräch werden Ziele, Erwartungen und Rahmenbedingungen geklärt. Die Passung zwischen Coach und KlientIn wird überprüft, und es erfolgt eine erste Einschätzung, ob Coaching das geeignete Format ist.
  • Vertrag und Zielvereinbarung: Die Zusammenarbeit wird vertraglich geregelt. Zentrale Ziele werden gemeinsam definiert und z.B. nach den SMART-Kriterien (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert) operationalisiert.
  • Bearbeitungsphase: In mehreren Sitzungen werden die vereinbarten Themen bearbeitet. Hier kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, wie systemische Fragetechniken, Rollenspiele, Visualisierungen, kognitive Umstrukturierung, ressourcenorientierte Ansätze oder biografische Reflexion.
  • Transfer- und Abschlussphase: Die Ergebnisse werden reflektiert, konkrete Handlungsschritte für die Umsetzung im Alltag entwickelt und der Coaching-Prozess gemeinsam abgeschlossen. Eine Evaluation der Zielerreichung und der Zufriedenheit rundet den Prozess ab.

Diese Vier-Phasen-Struktur ist in der Praxis weit verbreitet und bietet eine gute Orientierung. In der Fachliteratur finden sich jedoch auch Modelle mit abweichender Phasenanzahl und -struktur. Manche AutorInnen differenzieren zusätzliche Schritte wie eine eigenständige Analyse- oder Evaluationsphase oder fassen einzelne Prozessschritte zusammen. Die genaue Ausgestaltung hängt vom jeweiligen Coaching-Ansatz, dem Setting und den individuellen Bedürfnissen der KlientInnen ab. Entscheidend ist, dass der Prozess klar strukturiert, transparent und zugleich flexibel bleibt.


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Diagnostik sollte zum Coaching dazugehören: Sie hilft zum Beispiel, Probleme zu erkennen, Potenziale festzustellen, eine Beziehung aufzubauen oder Selbstveränderungsprozesse in Gang zu bringen.
Möller & Kotte, 2013, Geleitwort 

Diagnostik spielt im Coaching-Prozess eine zentrale Rolle: Sie ermöglicht es, die Ausgangssituation differenziert zu erfassen, Ziele und Ressourcen zu klären und den weiteren Prozess zielgerichtet zu gestalten. Eine systematische Diagnostik umfasst dabei sowohl individuelle als auch organisations- und teambezogene Analyseebenen.

Für den Erfolg des Coaching-Prozesses sind laut Forschung vor allem die Qualität der Arbeitsbeziehung („Working Alliance“), die Zielorientierung, Methodenvielfalt und die Fähigkeit zur Selbstreflexion entscheidend. Die Beziehung zwischen Coach und KlientIn ist dialogisch, nicht-hierarchisch und von Wertschätzung geprägt. Am Ende des Prozesses steht idealerweise die Unabhängigkeit der KlientInnen vom Coach.

Coaching kann in unterschiedlichen Settings stattfinden: als Einzel-, Gruppen-, Team- oder Organisations-Coaching. Die Passung zwischen Coach und KlientIn ist dabei ein zentraler Erfolgsfaktor. Insbesondere im Unternehmenskontext wird Coaching zunehmend als strategisches Instrument zur Personal- und Organisationsentwicklung verstanden.

Eine Hand hält eine Lupe, die auf eine Straße im Sonnenuntergang gerichtet ist. Während das Bild im Ganzen unscharf ist, ist der Bereich in der Lupe scharf.

Klare Sicht auf Unterschiede – Coaching und Psychotherapie im Vergleich.

Abgrenzung: Coaching vs. Psychotherapie

Die Abgrenzung zwischen Coaching und Psychotherapie ist sowohl fachlich als auch rechtlich von zentraler Bedeutung. Psychotherapie richtet sich an Menschen mit psychischen Störungen und behandelt häufig tiefgreifende, vergangenheitsbezogene Themen. Sie ist ein Heilberuf und darf in Deutschland ausschließlich von approbierten PsychotherapeutInnen oder ÄrztInnen mit entsprechender Zusatzausbildung ausgeübt werden (Bundespsychotherapeutenkammer, 2023). Coaching hingegen wendet sich an psychisch gesunde KlientInnen und konzentriert sich auf aktuelle Herausforderungen, Zielentwicklung sowie die Förderung von Selbstreflexion und Selbstwirksamkeit.

Im Coaching bleibt die Verantwortung für den Veränderungsprozess stets bei den KlientInnen. Coaches dürfen keine therapeutischen Interventionen durchführen und müssen im Zweifel an ärztliche oder psychotherapeutische Fachkräfte verweisen.

Darüber hinaus unterscheidet sich Coaching auch von anderen Beratungsformaten wie Fachberatung, Training, Supervision, Moderation, Mentoring und Mediation. Während beispielsweise Training auf das Erlernen spezifischer Fertigkeiten abzielt, steht im Coaching die Entwicklung individueller Lösungen und Potenziale im Vordergrund. Supervision legt den Fokus auf die Reflexion beruflicher Rollen, Mentoring auf Wissens- und Erfahrungstransfer, Mediation auf Konfliktlösung – Coaching hingegen auf die ressourcen- und lösungsorientierte Begleitung individueller Entwicklungsprozesse.

Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen

Die Ausübung der Psychotherapie ist in Deutschland durch das Psychotherapeutengesetz geregelt. Nur approbierte PsychotherapeutInnen dürfen psychische Störungen mit Krankheitswert diagnostizieren und behandeln (Bundespsychotherapeutenkammer, 2023). Coaching hingegen ist kein gesetzlich geschützter Begriff und kann grundsätzlich von Personen mit unterschiedlichen Qualifikationen angeboten werden. Für PsychologInnen und PsychotherapeutInnen, die Coaching anbieten, ist eine klare Trennung der Rollen und Angebote essenziell, um Rollenkonflikte und rechtliche Risiken zu vermeiden.

Professionelle Coaches müssen in der Lage sein, Anzeichen psychischer Erkrankungen zu erkennen und im Bedarfsfall eine Weitervermittlung an ärztliche oder psychotherapeutische Fachkräfte zu veranlassen. Die ethischen Leitlinien der Coaching-Verbände betonen die Verantwortung zur Abgrenzung und Transparenz gegenüber KlientInnen. Coaching und Psychotherapie sind komplementäre, aber klar voneinander abzugrenzende Formate. Eine fundierte psychologische Ausbildung ist für Coaches von Vorteil, ersetzt jedoch nicht die Qualifikation zur Ausübung von Psychotherapie.

Die Frage nach der Wirksamkeit von Coaching ist zentral für die Professionalisierung des Feldes und seine Akzeptanz in Wissenschaft und Praxis. Die empirische Coaching-Forschung hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen und untersucht, wie und warum Coaching wirkt, welche Faktoren den Erfolg beeinflussen und wo die Grenzen liegen.

Forschungsansätze und empirische Befunde

Unterschiedliche Studiendesigns, darunter randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), Metaanalysen und qualitative Prozessstudien, liefern belastbare Hinweise auf die Effektivität von Coaching. Die Ergebnisse zeigen, dass Coaching signifikant positive Effekte auf Zielerreichung, Selbstregulation, Arbeitsleistung, Wohlbefinden und Führungskompetenz hat. Als zentrale Wirkfaktoren gelten die Qualität der Beziehung zwischen Coach und KlientIn, eine klare Zielorientierung, die Aktivierung von Ressourcen sowie die Passung der eingesetzten Methoden.

Diagnostik und Evaluation gewinnen im Coaching-Prozess zunehmend an Bedeutung. Systematische Eingangsdiagnostik und kontinuierliche Prozessdiagnostik ermöglichen eine präzise Zieldefinition, Verlaufssteuerung und Überprüfung der Wirksamkeit von Interventionen.

Wirkmechanismen und Erfolgsfaktoren

Die Forschung hebt hervor, dass Coaching insbesondere dann wirksam ist, wenn es individuell zugeschnitten ist, eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung besteht und der Prozess von Zielklarheit sowie methodischer Vielfalt geprägt ist. Die Förderung von Selbstreflexion und Selbstwirksamkeit, die Entwicklung neuer Perspektiven und die Unterstützung bei der Umsetzung von Veränderungen zählen zu den zentralen Wirkmechanismen.

Grenzen und unerwünschte Wirkungen

Die Literatur weist darauf hin, dass Coaching nicht in jedem Fall zu den gewünschten Ergebnissen führt. Unerwünschte Wirkungen, z.B. eine Verschlechterung der Arbeitsbeziehung, Überforderung der KlientInnen oder eine Abhängigkeit vom Coaching-Prozess, sind möglich und sollten im Evaluationsprozess berücksichtigt werden. Professionelle Coaches reflektieren daher regelmäßig ihre Arbeit, holen Feedback ein und evaluieren gemeinsam mit ihren KlientInnen die Zielerreichung.

Die systematische Evaluation des Coaching-Prozesses ist ein integraler Bestandteil professionellen Coachings. Sie dient nicht nur der Wirksamkeitskontrolle, sondern auch der kontinuierlichen Weiterentwicklung der eigenen Praxis. Die Forschung fordert, Coaching-Prozesse regelmäßig zu evaluieren und die Nachhaltigkeit der erreichten Veränderungen zu überprüfen.

Ausblick: Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven

Coaching befindet sich weiterhin in einer dynamischen Entwicklungsphase, die von gesellschaftlichen, technologischen und wissenschaftlichen Veränderungen geprägt ist. Für PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und Studierende ergeben sich daraus sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen.

Digitalisierung und neue Formate:
Online-Coaching, hybride Formate und digitale Tools erweitern die Reichweite und Flexibilität von Coaching-Angeboten, stellen aber auch neue Anforderungen an Datenschutz, Beziehungsgestaltung und methodische Adaption. Die Entwicklung und Evaluation digitaler Coaching-Formate ist ein zentrales Forschungsfeld, das künftig weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Spezialisierung und Professionalisierung:
Spezielle Coaching-Angebote für Führungskräfte, Teams oder Gesundheit nehmen zu. Die Professionalisierung des Feldes, die Entwicklung verbindlicher Standards und die Abgrenzung zu unseriösen Angeboten bleiben wichtige Aufgaben. Transparenz, Qualitätssicherung, Supervision und ethische Richtlinien stehen dabei im Fokus.

Integration in Organisationen:
Coaching wird zunehmend als strategisches Instrument der Individual-, Team- und Organisationsentwicklung eingesetzt. Eine gelebte Coaching-Kultur und die Integration in die Unternehmenskultur gelten als zentrale Erfolgsfaktoren für nachhaltige Veränderungsprozesse.

Forschungsdesiderata:
Weiterhin besteht Bedarf an Wirkfaktorenforschung, Langzeitstudien zur Nachhaltigkeit und zur Wirkung digitaler Formate sowie an der systematischen Untersuchung von Grenzen und Risiken. Auch die Rolle der Diagnostik im Coaching und die Entwicklung evidenzbasierter Methoden bleiben zentrale Forschungsfelder.

Bedeutung für die Profession:
Coaching bietet PsychologInnen und verwandten Berufsgruppen ein wachsendes Berufsfeld, das wissenschaftliche Kompetenz, ethische Reflexion und Praxiserfahrung erfordert. Studierende erwerben durch Coaching wichtige Kompetenzen für Beratung, Gesprächsführung, Diagnostik und Prozessgestaltung.

Fazit

Coaching ist ein wissenschaftlich fundiertes, ressourcen- und zielorientiertes Beratungsformat, das die Selbstreflexion fördert und sich klar von der Psychotherapie abgrenzt. Die Forschung belegt die Wirksamkeit von Coaching, insbesondere bei der Förderung von Wohlbefinden, Selbstwirksamkeit und beruflicher Entwicklung. Die Profession steht vor der Aufgabe, sich weiter zu professionalisieren, ethische Standards zu sichern und flexibel auf gesellschaftliche sowie technologische Veränderungen zu reagieren.

Für PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und Studierende eröffnet Coaching vielfältige Möglichkeiten, wissenschaftliche Erkenntnisse praxisnah umzusetzen und einen Beitrag zur individuellen und organisationalen Entwicklung zu leisten. Ein reflektierter, ethisch verantwortungsvoller und evidenzbasierter Umgang mit Coaching ist der Schlüssel für nachhaltigen Erfolg – sowohl für KlientInnen als auch für das Berufsfeld selbst.

Quellen / weiterführende Literatur:
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