Psychologie in der somatischen Rehabilitation

Vielfältige Chancen für Psychotherapeuten

Im Arbeitsfeld Rehabilitation sind derzeit in Deutschland rund 5.000 Psychologen beschäftigt, davon ein Großteil in der medizinischen Rehabilitation. Dort hat die Psychologie mittlerweile als Fach und Profession eine Schlüsselrolle, nicht nur bei psychischen Erkrankungen („psychosomatische Reha“), sondern längst auch in der somatischen Rehabilitation.

Schwerpunkt der Arbeit

Schwerpunkte psychologischer Arbeit in der Rehabilitation von somatischen Erkrankungen sind Einzelgespräche, indikative Gruppen, wie etwa Schmerzbewältigungs- oder Nichtrauchertrainings, Krankheitsverarbeitung, problemorientierte Gruppenangebote, wie etwa Stresskompetenz- oder Problemlösetrainings, edukative Leistungen, wie etwa Patientenschulungen, Seminare und Vorträge sowie Entspannungstrainings in vielfältiger Form, die als Gruppen, aber auch als Einzel-behandlung angeboten werden. Weiterhin engagieren sich viele Psychologen im Qualitätsmanagement, in der psycho-logischen Weiterbildung anderer Beschäftigter und nicht zu-letzt in der rehabilitationswissenschaftlichen Forschung.

Psychische Belastungen bei Patienten

Mindestens 40 Prozent der Rehabilitanden in somatischen Einrichtungen geben zu Beginn psychische Belastungen an, bei jedem zweiten der Betroffenen, also bei 20 Prozent aller Rehabilitanden mit somatischer Indikation, liegt eine psychische Komorbidität vor, die nicht selten erstmals in der Rehabilitation erkannt wird. Zur fachgerechten Diagnostik wie auch zur Behandlung von Rehabilitanden mit psychischer Komorbidität werden Psychotherapeuten benötigt. Aktuell sind etwa ein Drittel aller Psychologen in der somatischen Rehabilitation approbierte Psychotherapeuten. Viele dieser Kollegen haben bei Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes eine Approbation im Übergangsverfahren erlangt; sie nähern sich jetzt dem Renteneintrittsalter. Entsprechend ist sehr bald von einem hohen Bedarf an approbierten Psychotherapeuten in der somatischen Rehabilitation auszugehen.

Leistung und Psychotherapie

Psychische Belastungen durch Ängste, Depression und Burnout sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Druck im Studium und Beruf, überhöhte Ansprüche und ständige Erreichbarkeit sind Auslöser für psychische Erkrankungen. Mit dem Thema Leistung und Psychotherapie setzt sich die diesjährige Berliner Fortbildungswoche Psychotherapie der Deutschen Psychologen Akademie auseinander. Die Fortbildungsreihe bietet zahlreiche Fachvorträge von praxiserfahrenen Dozenten, welche wichtige Impulse zur Behandlung psychischer Erkrankungen geben.

Zunehmender Bedarf an Psychotherapeuten

In den vergangenen beiden Jahrzehnten hat es innerhalb der medizinischen Rehabilitation interessante inhaltliche Spezifizierungen und Weiterentwicklungen gegeben: einerseits zur medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) mit besonderer Schwerpunktsetzung auf berufsbezogene Interventionen, andererseits zur verhaltensmedizinisch orientierten Rehabilitation (VOR) für Rehabilitanden mit psychischen Komorbiditäten und besonderen psycho-sozialen Belastungen. Beide Schwerpunkte beinhalten auch spezifische psychologische Interventionen, im MBOR zum Beispiel berufsbezogene Diagnostik und berufsbezogene Trainings. Im VOR hat sich die Psychologie zu einer zentralen Profession entwickelt, hier nähern sich die Stellenschlüssel für Psychologen denen in der Psychosomatik; eine Approbation als Psychotherapeut ist vorgeschrieben. Seit einem Jahr werden zusätzliche VOR-Einrichtungen zugelassen, so dass auch in diesem Bereich von einem weiter zunehmenden Bedarf an Psychotherapeuten auszugehen ist.

Ein attraktives Arbeitsfeld

Auch wenn seitens der Deutschen Rentenversicherung Psychologen mit Ärzten in einer gemeinsamen Funktionsgruppe zusammengefasst sind, sind die Aufstiegschancen von Psychologen und Psychotherapeuten im Arbeitsfeld Rehabilitation bislang noch begrenzt. Zwar gibt es in sehr vielen Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation mittlerweile leitende Psychologen, weitere Aufstiegsmöglichkeiten (ober- oder chefarztäquivalente Positionen) sind ihnen aber bislang verwehrt. Dennoch stellt die Rehabilitation und insbesondere die medizinische Rehabilitation ein vielfältiges, anspruchsvolles und teamorientiertes psychologisches Arbeitsfeld dar.

Dr. Dieter Küch, Göttingen/Bad Gandersheim

Dr. Dieter Küch ist klinischer Psychologe und Psychotherapeut und seit 2013 Leitender Psychologe in der Paracelsus-Klinik an der Gande in Bad Gandersheim. Er ist in der beruflichen Weiterbildung, an Hochschulen, in der Psychotherapieausbildung und bei der Deutschen Psychologen Akademie als Dozent tätig. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehört die Rehabilitationspsychologie. Er war maßgeblich an der Entwicklung des neuen Curriculums Rehabilitationspsychologie beteiligt, das im September 2017 bei der Deutschen Psychologen Akademie startet.