Dr. Stefan Jacobs und Birgit Konopka vom Institut für Psychologie der Universität Göttingen beschreiben hypnotherapeutische Interventionen im Rahmen eines verhaltenstherapeutischen Kurzprogramms zur Behandlung chronischer Schmerzen.
Chronische Schmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität unzähliger Menschen. Oft beginnt der Leidensweg der Betroffenen mit einer akuten Verletzung oder Krankheit, wobei die Schmerzen auch nach Heilung der ursächlichen Gewebeschädigung bestehen bleiben - mit negativen Auswirkungen für die Psyche, das soziale Umfeld und die berufliche Situation der Betroffenen.
Hetero- und Selbsthypnose
Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Göttingen entwickelte ein verhaltenstherapeutisches Kurzprogramm zur Behandlung chronischer Schmerzsyndrome. Als Interventionsmethoden kommen dabei kognitiv-verhaltenstherapeutische Methoden zur Erhöhung des Aktivitätsniveaus und zur Vermeidung schmerzfördernder Aktivitäten zum Einsatz. Diese werden zusätzlich mit hypnotherapeutischen Interventionen (hypnotische Dissoziation) zur Schmerzreduktion verknüpft - in Hetero- und Selbsthypnose. Ziel ist es, Patienten anzulernen, sich selbst bei auftretenden Schmerzattacken autosuggestiv in einen tief entspannten, dissoziierten Zustand zu versetzen und so eine Möglichkeit der eigenständigen Schmerzkontrolle zu vermitteln.
Deutliche Effekte nachgewiesen
Mehrere Studien belegen eine hohe Wirksamkeit dieses Programms. So zeigte sich etwa in einer Studie an chronischen Schmerzpatienten mit neun Sitzungen mit hypnotischen Interventionen eine deutliche Reduzierung der Schmerzstärke. Ebenso waren Verbesserungen in Depressivität und Funktionsfähigkeit zu verzeichnen. Im Rahmen der Untersuchung hatten die Patienten zusätzlich zu den therapeutischen Sitzungen zu Hause bei Schmerzattacken eine Audiodatei mit schmerzreduzierenden hypnotherapeutischen Interventionen eingesetzt, um die Autohypnose zu erlernen. Die Ergebnisse wurden in einem Eigenwartegruppendesign kontrolliert und nach drei Monaten in einer Katamnese bestätigt.
Einzel- und Gruppensetting
In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2007 war das Programm im Einzel- und Gruppensetting untersucht worden. Dabei hatte sich das Gruppensetting als weniger wirksam erwiesen. Dennoch waren die beobachteten Effekte vergleichbar mit denen im Bereich stationärer Behandlungskonzepte.
Integrierte Versorgung Rückenschmerz
In Deutschland gibt es seit einigen Jahren ein von der Techniker Krankenkasse (TK) finanziertes multimodales Behandlungsprogramm für Schmerzpatienten: die „Integrierte Versorgung Rückenschmerz (IVR)". Das in 35 Schmerzzentren laufende Programm besteht aus Physiotherapie, medizinischer und psychologischer Schmerztherapie - wobei zum Teil das oben beschriebene Programm eingesetzt wird. Ziel der ambulanten Behandlung ist es, die Patienten innerhalb von drei bis vier Wochen wieder arbeitsfähig zu machen - und zwar so, dass sie für mindestens ein halbes Jahr nicht mehr krankgeschrieben werden müssen. Selbst bei diesen strengen Kriterien liegt die Erfolgsquote des Programms bei 80 Prozent.
Birgit Konopka, Göttingen Dr. Stefan Jacobs, Göttingen