BDP: Fachpsychologen für Rechtspsychologie arbeiten qualitativ hochwertig
Gerichte müssen Gutachter sorgfältiger auswählen. Dazu fordert der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) alle verantwortlichen Richterinnen und Richter auf. „Zu oft lassen sich Richter von akademischen Titeln und wohlklingenden Selbstbeschreibungen unqualifizierter Gutachter beeindrucken“, erklärte BDP-Präsident Prof. Michael Krämer heute in Berlin. „Wer als Gutachter sich im weitesten Sinne über Fragen zu Schuld und Unschuld äußern soll, muss wissen, was er tut. Dazu braucht es eine fundierte Ausbildung, die dazu befähigt, fehlerfreie und dadurch unangreifbare Gutachten zu erstellen“, so Prof. Krämer weiter.
Der spektakuläre Entführungsfall um den sogenannten Maskenmann im Brandenburgischen Storkow wirft ein unrühmliches Licht auf unqualifizierte Gutachtertätigkeit. Heute wurde das frühere Gutachten einer selbst ernannten Psychologin von dem Kriminalpsychologen des Landeskriminalamts, Jan-Gerrit Keil, in seiner schriftlichen Expertise widerlegt. Dieses falsche Gutachten hatte dem Opfer zunächst mangelnde Glaubhaftigkeit attestiert. Der qualifizierte Psychologe Keil stellt in seinem Gutachten eklatante Fehler im früheren Gutachten fest und weist die dortigen Schlussfolgerungen als unhaltbar zurück. Diese schlechte Qualität erwies sich allerdings schon während der Verhandlung, so dass das Gericht heute auch ohne die mündliche Anhörung von Herrn Keil die Gutachterin als befangen ablehnte.
Dieser und andere Fälle zeigen: Gerichte müssen viel genauer hinschauen, wen sie mit einem Gerichtsgutachten beauftragen. Wenn psychologische Expertise im Rechtswesen gefordert ist, müssen auch entsprechend zertifizierte Rechtspsychologen beauftragt werden. Nicht jeder, der sich psychologischer Gutachter nennt, sei auch einer, warnt Prof. Krämer. „Uns erreichen immer wieder Beschwerden über angebliche psychologische Gutachten, an denen Psychologen nicht beteiligt waren.“
Ziel müssen qualitativ hochwertige und sachgerechte Gutachten sein, die in Rechtsstreitfällen oder in Gerichtsverfahren für Klarheit sorgen. „Gerade in Indizienprozessen haben diese Gutachten weitreichende Auswirkungen auf die persönlichen Schicksale der Beteiligten, die Sicherheit und das Vertrauen in das Rechtssystem, das eine der tragenden Säulen unseres demokratischen Systems ist“, so Krämer weiter.
„Um Psychologen und Psychologinnen auf die besonderen Anforderungen der Gutachtertätigkeit vorzubereiten, haben wir seit 1995 die zertifizierte Weiterbildung zum Fachpsychologen für Rechtspsychologie etabliert. Unsere Erfahrungen auf wissenschaftlicher und praxisnaher Basis haben wir bereits in die aktuelle Diskussion um eine politisch vorzugebende Qualifikation eingebracht“, erklärt Dr. Anja Kannegießer, die im Vorstand der Sektion Rechtspsychologie im BDP und auch zugleich Vorsitzende des föderativen Fachgremiums für Rechtspsychologie ist.
Bisher gelten nur lockere Regelungen für die Bestellung von Gutachtern vor Gericht. Der BDP setzt sich in diesem sensiblen Aufgabenbereich für sehr hohe Ausbildungsstandards ein. Die Weiterbildung zum Fachpsychologen für Rechtspsychologie qualifiziert nicht nur durch fundierte Vermittlung von Theorien, Methoden und Techniken, sondern vor allem auch durch fachlich begleitete und supervidierte Praxis. Inhaber des Zertifikats sind dann zur kontinuierlichen Fortbildung auf dem Gebiet der Rechtspsychologie verpflichtet und in ihrem sachlichen und ethischen Verhalten durch das Ehrengericht überprüfbar. Damit bleiben die Kompetenzen auf dem aktuellen Stand der rechtspsychologischen Wissenschaft und die Qualität der Arbeit auf hohem Niveau gesichert.
Weitere Informationen:
Pressemitteilung des BDP: Maskenmann-Gutachten widerlegt: Gutachter sorgfältig auswählen! (PDF)